Das Koppehel’sche Legatum zu Magdeburg

Das Koppehel’sche Legatum zu Magdeburg

den Zeitraum 1768 bis 1775 betreffend

Quelle: historisches Stadtarchiv Jüterbog, Signatur 3248_…

Die Restaurierung der sich in dieser Aktensammlung befindlichen Dokumente konnte durch die Spenden der Familienmitglieder der Koppehel’schen Familie verwicklicht werden. Die Akten sind nun im historisches Stadtarchiv Jüterbog unter der Signatur 3248_…wieder einzusehen. Siehe auch Patenschaft für Dokumente die Koppehel’sche Familie betreffend und In neuem Glanz zurück.

In dem Aktenkonvolut befanden sich Intercessionalien, Attestate und kleine Stammbäume jener Familienmitgllieder, die im Zeitraum von 1768 bis 1775 um eine finanzielle Unterstützung angesucht haben.
Bei den Schriftstücke handelt es sich um Abschriften oder Entwürfe, nicht um die Originale der Ansuchen, die wurden ja an die Stiftungsadministration nach Magdeburg geschickt.

Da zu dieser Zeit die einfachen Leute in der Regel nicht im Verfassen von Amtsschreiben geübt waren, gab es in den Magistraten der Städte – in unserem Fall Jüterbog – die Möglichkeit sich Briefe und Dokumente von einem Amtsschreiber anfertigen zu lassen. Dafür waren Gebühren zu entrichten. 1768 bezahlte man für die Ausstellung einer Intercessionalie 14 gute Groschen.

Währungs-Umrechnungen sind immer eine heikle Sache. Um eine ungefähre Orientierungshilfe anzugeben:
Der Sold eines einfachen Soldaten in Brandenburg unter Friedrich II. betrug 8 gute Groschen in der Woche; das wären also in 4 Wochen 1 Rechsthaler und 8 gute Groschen gewesen.
24 gute Groschen hatten den Wert von einem Reichsthaler.

Eine Intercessionalie ist eine amtliche Hilfe zur Abfassung eines formellen Schreibens an eine höhergestellte Stelle. In unserem Fall wurde mit einer Intercessionalie nicht nur ein Ansuchen um Unterstützung gestellt, sondern auch die Zugehörigkeit zur Koppehel’ischen Familie erläutert. Ineinem Fall klingt die Intercessionalie beinahe wie ein Verhör. Siehe Intercessionalie zu Maria Döring, verehelichte Berndt

Die Briefe sind äußerst wortreich und weisen alle ungefähr das gleiche Textschema auf und  beginnen meist mit
Beim kurfürstlichen Sächsischen Amte allhier [Jüterbog] hat sich … gemeldet und angebracht, welcher Gestalt er aus der Koppehelischen Familie abstamme. …“ Es wurden Kürzel für wiederkehrende Adjective verwendet, wie z. B. „hl“ für  hochlöblich. Gleichlautende Textpassagen wurden durch „p“ oder „usque ad“ ersetzt. (Beispiele) als Beispiel füge ich einen Brief in voller Länge am Ende des Beitrags an.

Die Lesbarkeit der Schriftstücke ist je nach Schreiber sehr unterschiedlich und auch die Schreibweise der Namen variiert – manchmal sogar im gleichen Schreiben. Dennoch haben wir es geschafft die meisten der genannten Personen zuzuordnen. Die neu gewonnenen Daten haben wir in unsere Datenbank eingearbeitet. Wir fanden auch Namen, die in den drei roten Stammbaumbänden im Jüterboger Stadtarchiv nicht zu finden waren, bei denen jedoch ziemlich klar ist, dass die Person zur Familie gehört. Besonders erfreulich ist, dass wir der dritten Tochter von Hans Koppehele einen eigenen Stamm zuordnen konnten. Besonders erfreulich fanden wir die Entdeckung des 4. Stammes. Dass es noch eine dritte Schwester namens Elisabeth gab, war hinlänglich bekannt, aber ihre Nachkommenschaft wurde nie wirklich genau verfolgt. In Jüterbog sind nur die Stämme 1 – 3 in Buchform vorliegend. Im Laufe unserer Übertragungen entdeckten wir, dass sich auf einem Stammbaum ein Fehler etabliert hatte, der anscheinend nie korrigiert wurde. Damit war Elisabeth in den Akten verschollen. (hist. Stadtarchiv Jüterbog, Signatur 3248_179 – 180) Siehe auch: https://koppehele IV. Stamm
Ingesamt waren es 119 Ansuchen:

1. Stamm 1. Zweig21 Anträge
1. Stamm 2. Zweig41 Anträge
1. Stamm 3. Zweig7 Anträge
3. Stamm 1. Zweig25 Anträge
4. Stamm25 Anträge

Interessanterweise sind alle Stämme vertreten, nur aus dem 2. Stamm gab es gar keine Anträge in dieser Periode.

Ein Attestat war in der Regel eine, vom Ortspfarrer angefertigte, Abschrift aus dem Kirchenbuch. Da Kirchenbücher immer wieder auch durch Brand oder Kriege verloren gingen, sind manche dieser Attestate die einzigen originalen Quellen, auf die man noch zurückgreifen kann.

Solche Attestate konnten ebenfalls sehr wortreich verfasst sein, wie dieses Beispiel von Anna Dorothea Lehmann, verwitwete Richter, wiederverehelichte Walterstein zeigt: (Historisches Stadtarchiv Jüterbog, Signatur: 3248_149 + 150)

„Daß, besagte derer orignaliter produzierten und von a.) hl Johann Gottfried Jänicken, Pastore zu Rohrbeck sub dato den 29. Mji 1771 b.) hl M Christoph Friedrich Fingern Archidiacon zu Jüterbog sub dato den 30. Maji 1771. c.) hl  M Johann Christian Moritzen, Pastore zu Fröden und Markendorf, sub dato den 23. Maji 1771, d.) hl H.G. Fahland, Pastore zu Werda sub dato den 20. Mart. 1771 u. e.) hl M Carl Friedrich Möckeln, Pfarrer zu Borgisdorf, sub dato den 14. Maji 1771 ausgestellten Attestate, vorstehender Stammbaum seine Richtigkeit habe und solcher Gestalt Anna Dorothea, geb. Lehmannin erstverehelichte Richterin, und itzt verehelichte Waltersteinin eine Tochter Marien, geb. am Endin, verehelichte Lehmannin, diese Maria Lehmannin, geb. am Endin eine Tochter Marien, geb. Schulzin, verehelichte am Endin, diese Maria am Endin, geb. Schulzin, eine Tochter Martin Schulzens, dieser Martin Schulze, ein Sohn Adam Schulzens und dieser Adam Schulze ein Sohn Andreas Schulzens zu Borgisdorf, und dieser Andreas Schulze ein Sohn Margarethen, geborene Koppehelin, Augustin Schulzens zu Höfgen Eheweibes gewesen. Hiernächst von denen Herrn Collaotoribus der Koppehelischen Stiftung zu Magdeburg, diese Margaretha, geb. Koppehelin, verehel. Schulzin, eine wahre Descendentin von Hanß Koppehelen, weiland Richtern zu Gräfendorf, als den Vater des Stifters, hl George Koppehelens, zu Magdeburg, allbereits agnosziert und daher denen jenigen, welche sich als Descendenten von nurgedachter Margarethen Koppehelin, verehel. Schulzin legitimieren können, (Einschub: das benificium gereicht worden): solches wird hiermit attestiert.

Amt Jüterbog, den 28. Mart. 1772
Amtmann allda Krebs

In der Regel wurde das Geld direkt an die Antragsteller ausgezahlt, und der Empfang des Geldes musste auch quittiert werden. Sollte der Antragsteller, daran verhindert sein, konnte dies auch ein Bevollmächtigter erledigen. Auch solche Vollmachten befinden sich in dieser Aktensammlung.

Sehr oft wurde bei den Abstammungsnachweisen auf eine Verwandte Bezug genommen, die bereits in früheren Jahren eine Unterstützung bekommen hatte. Namentlich waren das Ursula Schulze, die mit Adam Hannemann, dem VIII, Landschulze zu Borgisdorf, verheiratet war und Anna Dorothea Walterstein. Da heißt es im Antrag, dass sich der Implorant den Genuss des benificio, wie „es auf ebendiese Weise die Muhme, obgedachte Anna Dorothea Waltersteinin, geb. Lehmannin genossen“, erhoffe. (historisches Stadarchiv Jüterbog, Signatur 3238_361-363) Besagte Anna Dorothea Walterstein hatte bei ihrem Antrag auch am 28. März 1772 einen sehr ausführlichen Abstammungsnachweis beigelegt.

Wesentlich einfacher war die Zuordnung, wenn kleine Stammbäume beigelegt waren.

Die Antragsteller waren in der Regel Hüfner (Bauern), Arbeiter oder deren Ehefrauen oder Witwen. Hin und wieder suchten auch Studenten um ein Stipendium, wie z. B. Johann Wilhelm Frobenius, der in Wittenberg Theologie studierte. (historisches Stadarchiv Jüterbog, Signatur 3238_251-253)

In seltenen Fällen wurde für Familienmitglieder angesucht, die aus Altersgründen oder gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage waren für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Hin und wieder suchte der Ehemann im Namen seiner Frau an.

In welchen Fällen man eine Beihilfe beantragen konnte, wurde in den Satzungen und Reglements festgehalten. Siehe historische Satzungen und Reglements. Erbeten wurde die Beihilfe meist für das gewöhnliche Ehrenkleid anlässlich der Verehelichung. Auffällig war, dass viele der Antragsteller erst zwischen 1768 und 1775 um das Ehrenkleid ansuchten, obwohl die Hochzeit schon in manchn Fällen in den 1750er und 1760 Jahren stattgefunden hatte. Und dann waren es meist sämtliche Schwestern einer Familie.

Einige Anträge wurden nach dem Abschluss einer Lehre oder der Ablegung der Meisterprüfung gestellt.
So suchte Christian David Schmidt um Unterstützung an, da er nicht nur seine Schuhmacherlehre mit dem Meistertitel beendet hatte, was viele Ausgaben verursachte, sondern auch für seine, an Gicht leidende, Mutter sorgen musste. (historisches Stadarchiv Jüterbog, Signatur 3238_157-160)
In zwei oder drei Fällen wurde wegen eines Berufswechsels um die Beihilfe ansuchten.
In dem Ansuchen des Johann Gottlieb Klewitz heißt es: „Beim Kurfürstl. Sächsischen Amte allhier hat Johann Gottlieb Klewitz, welcher zwar das Tuchmacherhandwerk gelernet, ietzo jedoch, um sich zu Annehmung eines Schuldienstes geschickt zu machen, in der Realschule zu Berlin Unterricht genießet, durch seinen Vater Johann Gottlieb Klewitzen, Bürger, Brauer, Tuchmacher und Gewandtschneider zu Treuenbrietzen, anbringen lassen, welcher Gestalt er aus der Koppehelischen Familie abstamme, indem seine Mutter, Maria Elisabeth, verehelichte Klewizin, geborene Dalochoin, …“ (historisches Stadarchiv Jüterbog, Signatur 3238_67-69)

Ganz nebenbei erfährt man auch manches Detail. So wird mehrmals erwähnt, dass es zwischen den Erben von Ursula Hannemann, geb. Schulze einen Erbvergleich gab, der am 8. März 1886 eingerichtet wurde. (historisches Stadarchiv Jüterbog, das Koppehel’sche Legatum zu Magdeburg, Sign. 3248_94 – 97 und 111 – 114)

 Als Beispiel, wie so eine intercessionalie ausgesehen hat, füge ich hier den vollständigen Antrag von Johann Gottlob Semmler, Chirurgus aus Brandenburg an: (historisches Stadarchiv Jüterbog, Sign. 3248_03+04)

Beim kurfürstl. Sächs.  Amte allhier hat sich Johann Gottlieb Semmler, Chirurgus aus Brandenburg gemeldet und angebracht, welcher Gestalt er aus der Koppehelischen Familie abstamme und sein Vater, der ehemalige Pfarrer, hl [hochlöblich] Johann Semmler zu Hohenschlenzer, der Großvater aber Hanß Semmler, welcher Hüfner zu Borgisdorf gewesen, und letzterer, Catharinen Koppehelin, Peter Koppehelens, eines Windmüllers auf’m Damm, Tochter zur Ehe gehabet, mithin er sich des Benificii aus dem Gestifte zu Magdeburg zu erfreuen, bey seiner vorlängst beschehenen Verehelichung aber noch nichts erhalten hätt; wannenhero er gebethen, ihm mit gewöhnlichen Intercessionalien an die Hand zu gehen, immaaßen er sich an ietzo melden und um eine Beysteuer Ansuchung thun wollte. Wann dann Implorantens anführen, daß er ein Koppehelischer Descendent sey, der wahrheitsgemäß und sich aus denen vorhandenen Acten und Nachrichten und besonders aus einem Land-Lehn-Gerichtsschulzen und Schöppen in Borgisdorf, Johann Friedrich Semmler in Luckenwalde unter’m 20. Jan. 1758 ertheilten Attestat ergiebet hiernechst die erfolgte Verehelichung durch ein produciertes, von den Inspectores zu Brandenburg ausgestelltes gleichfalßiges Attestat, subdato den 10. Nov. a.c. bestärket wird: Als ergehet an die Herren Collatores der Koppehel’schen Stiftung zu Magdeburg mein dienstfreundliches Suchen sie wollen so geneigt sein, und Eingangs genannten Johann Gottlieb Semmler das zustehende Benificii fruchtbarlich geniesen lassen.

Es wird derselbe sothane Wohltat mit gebührendem Dank erkennen und ich werde dagegen meines Orts zu allen angenehmen Dienstbezeigungen iederzeit willig und bereit sein. Urkundlich habe ich mich unter Vordrückung des gnädigst mir anvertrauten Amts größeren Insiegels eigenhändig unterschrieben.

So geschehen Amt Jüterbog, den 25. Jänner 1768

Amtmann F. C. Krebs

Kosten:                              12 gute Groschen Intercessionalie
                                             2 gute Groschen mund[…]
In summa:                       14 gute Groschen

zum besseren Verständnis der Abstammung:

I. Gen.                             Thomas Koppehele
II. Gen.                            Ambrosius Koppehele
III. Gen.                           Peter Koppehele, Windmüller auf’m Damm
IV. Gen.                           Catharina Koppehele °° Hannß Semmler, Hüfner und Richter
VI. Gen.:                          Johann Gottlieb Semmler, Chiriurgus aus Brandenburg

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